Mediation

Allgemeine Kommunikationstipps (c) Dr. Dr. med. Herbert Mück

Folgende Empfehlungen erleichtern gute Gespräche:

1. Sprechen ist besser als Schweigen, das Phantasien freien Lauf lässt, oft einem Entzug von Zuwendung gleicht und Missverständnisse fördert. Sprache ist uneindeutig (Siehe die „Teelöffelchenspiele“ der Kinder: Schloss, Kerze usw. Die Lautfolge „Die Krankenschwestern“ ist identisch mit „die kranken Schwestern“). Der gleiche Begriff kann von zwei Menschen unterschiedlich verstanden und bewertet werden. Er kann völlig unterschiedliche Assoziationen und gedankliche Vorstellungen auslösen (z.B. Hund als Spielgefährte oder als Gefahr). Sprechen verbindet eher, als dass es trennt. Zeigen Sie sich, wie Sie sind. Propagieren Sie, statt zu verheimlichen (z.B. „Während ich das sage, bin ich ganz aufgeregt.“). Sie sparen viel Energie, weil Sie sich künftig nicht mehr tarnen müssen. Erwarten Sie nicht vom anderen, dass er Ihre Gedanken liest („Wenn Du mich wirklich kennen würdest, hättest Du bemerkt...“).

 

2. Entwickeln Sie eine „Kultur des Streitens“, bei der man auch Gefühle zeigen darf. Interpretieren Sie Konflikte als Chance, von anderen Rückmeldungen und Anstöße zu erhalten, sich gegenseitig zu befruchten und zu inspirieren. Das Negative an Konflikten ist selten der Konflikt selbst, sondern eher die Art der Austragung (Siegen oder Verlieren, „Schuldige“ entlarven).

 

3. Beschreiben Sie, statt zu bewerten oder zu etikettieren. Verzichten Sie unbedingt darauf, andere abzuwerten, zu bezichtigen (anzuklagen, anzugreifen, Fehler nachzuweisen) oder ihr Verhalten zu interpretieren (entmündigendes Gedankenlesen: „Ich weiß, was mit Dir los ist“ „Das sagst Du nur, weil...“). Hinterfragen Sie Unterstellungen anderer (Beispiel: „Wenn Du wüsstest, wie sehr mir das weh tut...“ Frage: „Woran erkennst Du, dass ich das nicht weiß?“). Behandeln Sie die Ihnen Nahestehenden mit mindestens genau so viel Respekt wie einen Unbekannten.

 

4. Sprechen Sie möglichst von sich selbst. Senden Sie „Ich-Botschaften“. Vorsicht: Der Satz „Ich finde, dass Du mich bloß stellst“ ist und bleibt ein Angriff. Beschreiben Sie, was das Verhalten anderer bei Ihnen auslöst („Es tut mir weh, wenn Du...“). Sprechen Sie über Gefühle und nicht über Bewertungen. Sofern Sie unbedingt den anderen beschreiben wollen, beschränken Sie sich darauf dessen Verhalten und nicht seine ganze Persönlichkeit zu beschreiben (Beispiel: „Du tust gerade...“ statt „Du bist rücksichtslos, unfähig, unmusikalisch...“). Damit dringen Sie nicht in den anderen ein (sog. Kolonialisieren) und lassen ihm Raum zu weiterer Entwicklung. Sie stülpen ihm keine Eigenschaften über, die meist nach etwas Unveränderlichem klingen. Stärken Sie lieber den anderen, statt ihn zu überwältigen. Machen Sie ehrliche (!) Komplimente. Auch die „Wir-Sprache“ ist übergriffig und unehrlich (Arzt zur Patientin: „Wir legen uns jetzt ins Bett.“).

 

5. Offenbaren Sie die Interessen, die Sie verfolgen, und besprechen Sie, inwieweit diese mit den Interessen des Partners vereinbar sind.

 

6. Verzichten Sie auf Verallgemeinerungen, die meistens sowieso nicht stimmen („Immer tust Du...“ „Nie machst Du...“ „Keiner will mich...“).

 

7. Statt einen anderen zu kritisieren, können Sie das gleiche Anliegen sehr viel erfolgreicher durch einen Wunsch ausdrücken (ungünstiger: fordern) . Äußern Sie Ihre Bedürfnisse klar („Ich habe Lust zu...“). Das ist ehrlicher und konstruktiver als die Verkleidung in eine Frage („Kannst Du...“). Äußern Sie erst den Wunsch und dann die Begründung.

 

8. Achten Sie darauf, dass jede Botschaft an einen anderen mindestens immer eine Sachebene und eine Beziehungsebene bzw. -aussage enthält (teilweise auch einen Appell an den anderen und eine Mitteilung über das eigene Befinden). Probleme entstehen besonders gerne dann, wenn die Gesprächspartner auf unterschiedlichen Kanälen senden. Das gilt speziell auch für emotionale Botschaften, denn Menschen wollen auch in ihren Gefühlen „verstanden“ werden. Falscher Trost verletzt oft mehr, als er hilft („Das tut doch nicht weh“, „Ich kaufe Dir einen neuen Luftballon“). Weitere Konsequenzen: Alles was ein Patient in der Therapiestunde sagt, lässt sich immer auch als Aussage über die therapeutische Beziehung werten („Fraktaltheorie“), möglicherweise aber auch als Botschaft über einen Abwesenden (Unbekannten). Wenn Ihnen unklar ist, was der andere Ihnen durch eine Geschichte mitteilen will (auf welcher Kommunikationsebene er sich bewegt), führt oft folgende Frage zum Punkt: „Was willst Du mir damit sagen?“

 

9. Beziehen Sie ein „nein“ Ihres Gesprächspartners auf die Sache und interpretieren Sie es nicht als Ablehnung Ihrer gesamten Person. Rechnen Sie nicht mit Vergangenem auf, sondern bemühen Sie sich um konstruktive Zukunftslösungen.

 

10. Wählen Sie eine lebendige Sprache, mit bildhaften Begriffen (Beispielen) und dynamischen Tätigkeitswörtern (Manches Bild sagt mehr als viele Worte). Verzichten Sie auf abstrakte Begriffe. Kommunizieren Sie gehirngerecht, indem Sie beide Gehirnhälften ansprechen (Verstand und Gefühl). Unterstreichen Sie Ihre Worte durch passende lebendige Gesten.

 

11. Es ist hilfreich, zwischendurch immer wieder zusammenzufassen, was man glaubt, vom anderen verstanden oder nonverbal (in Körperhaltung, Gesichtsausdruck oder Atmung) wahrgenommen (gefühlt) zu haben (Feedback). Beispiel: „Es scheint schwer für Dich zu sein“ (falls der andere in sich zusammengesunken sitzt). Wenn Sie es wünschen, werde ich Ihnen solche Rückmeldungen auch während unserer Gespräche immer wieder geben. Die Aussage „Das habe ich verstanden“ bedeutet möglicherweise nur, dass Ihr Gesprächspartner jetzt dicht macht. Sein inneres Bild vom Gesprächsthema ist so weit fertig, dass der Betreffende glaubt, keine weiteren Informationen mehr zu benötigen. Nichts garantiert Ihnen aber, dass dieses Bild mir Ihrem Bild übereinstimmt. Auf der Informationsgrundlage folgender drei Stichwörter „Urlaub, Italien, Sport“ wird jeder Mensch ein völlig anderes Bild konstruieren, wobei „Informationslücken“ immer mit eigenen Erfahrungen gefüllt werden. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass man Argumente nur oft genug und möglichst kraftvoll vortragen muss, damit sie Wirkung entfalten („Pseudo-Magie“).

 

12. Beschränken Sie sich pro „Sendeeinheit“ auf ein Thema. Fassen Sie sich kurz, sonst hört der andere nicht mehr zu. Argumente und Gedanken haben nur dann eine Chance, wenn sie beim anderen auch „landen“. Manchen Menschen reicht es aber auch, ihre Meinung einfach nur loszuwerden. Je überzeugter der andere ist, um so weniger gut wird er zuhören und seine Entgegnung bereits vorbereiten, während Sie noch sprechen.

 

13. Verzichten Sie auf Zweideutigkeit und gemischte Botschaften, drücken Sie sich lieber präzise aus (Nicht: „Bring mir das Auto zu einer vernünftigen Zeit zurück“).

 

14. Verzichten Sie auf Killerphrasen („Was Du wirklich meinst,...“ „Du solltest...“ „Mach doch einfach mal“ „Das ist mir zu primitiv“ „Du hältst mich wohl für blöd“ „Bist Du überhaupt dabei gewesen?“ „Das kannst Du gar nicht beurteilen“ „Das ist doch bloß graue Theorie“ „Willst Du mich nicht verstehen oder kannst Du mich nicht verstehen?“ „Das kann doch nicht Dein Ernst sein“ „Das habe ich alles schon hundertmal gehört“ „So kann man die Frage nicht stellen“ „Dafür gibt es doch Experten.“ „Welcher Traumtänzer hat denn das gesagt?“ „Dafür sollten wir lieber einen Ausschuss einsetzen.“ „Bekanntlich ist es so, dass...“ „Was sollen denn die anderen denken?“ „Die jetzige Situation erfordert...“ „Das gehört doch gar nicht hierher.“ „Ich habe das immer so gemacht.“ „Das haben wir schon einmal ausprobiert.“ „Das bringt doch nichts.“ „Das ist alles schon einmal da gewesen.“ „Wer soll das nun wieder machen?“ „Das interessiert sowieso keinen Menschen?“ „Damit kann doch keiner umgehen.“ usw.).

 

15. Verbinden Sie zwei Sätze lieber durch „und“ als durch „aber“. Letzteres lässt nur darauf schließen, dass zwei Seelen in Ihrer Brust miteinander kämpfen. „Und“ erweitert den Blickwinkel, „aber“ verengt ihn.

 

16. Zeigen Sie durch Fragen Ihr Interesse. Benutzen Sie aber Fragen nicht dazu, um von sich selbst abzulenken bzw. andere für sich antworten zu lassen. Laden Sie bei der Kontaktaufnahme Ihr Gegenüber lieber durch Ich-Aussagen als durch Fragen zum Gespräch ein. Orientieren Sie sich an den „sokratischen Filtern“: Ist es wahr, wichtig und nützlich?

 

17. In unserer Kultur ist es eher vorteilhaft, sich direkt auszudrücken. Indirekte Aussagen („Es ist kalt“ als Aufforderungen an andere, das Fenster zu schließen), sind z.B. in asiatischen Ländern verbreitet. Indirektheit erleichtert es (scheinbar) den Beteiligten ihr Gesicht zu wahren, gleich ob sie den verpackten Wünschen und Aufforderungen folgen oder nicht („Widerstand“ bzw. „Unterwerfung“ werden nicht offensichtlich). In Madagaskar soll Indirektheit sogar als hohe Kunst und Direktheit eher als plump gelten.

 

18. Verzichten Sie auf Tilgungen (siehe oben) und Nominalisierungen. Bei Tilgungen lässt ein Satz wichtige Informationen aus (z.B. „Das ist offensichtlich...“ Frage: Für wen? „Ich muss das machen.“ Frage: Wer zwingt Dich und was passiert, wenn Du es nicht tust?). Drücken Sie sich möglichst genau aus (Statt „Er hat mich verletzt“ besser „Er hat mich gegen das Schienbein getreten.“)

 

19. Vermeiden Sie "Nominalisierungen" . Nominalisierungen sind Hauptwörter, die aus Tätigkeitswörtern gebildet wurden (z.B. Beziehung, Versagen, Hoffnung). Wer sich mit Hilfe von Nominalisierungen ausdrückt, vertuscht damit leicht, dass es sich im Grunde um menschlich beeinflussbare Tätigkeiten handelt. Nominalisierungen klingen so, als handele es sich um abgeschlossene und der eigenen Kontrolle entzogene Ereignisse. Wer so spricht, fühlt sich schnell in einer Sackgasse. Indem man die Nominalisierung in ein Tätigkeitswort umformt, verdeutlicht man sich und anderen, dass es um einen veränderbaren Prozess geht (Beispiel: „Ich bekomme keine Zuwendung.“ Lösung: „Ich möchte, dass sich X mir zuwendet.“).

 

20. Hinterfragen Sie. Darunter versteht man die Annahme mancher Menschen, sie könnten nur in einer ganz bestimmten Weise reagieren („Mein Mann macht mich nervös.“ „Du langweilst mich“). Sie schieben damit die Verantwortung für ihr Erleben anderen zu. Du entsprechende Rückfragen lässt sich dieses Kommunikationsproblem entschärfen („Wärst Du nicht nervös, wenn Dein Mann nicht da wäre?“ „Bist Du immer nervös, wenn er da ist?).

 

21. Vermeiden Sie „Stimm-Sünden“: Sprechen Sie nicht zu laut, zu leise, zu hoch, zu schrill, zu monoton. Vermeiden Sie Näseln, Nuscheln, abgehacktes oder gedehntes Sprechen.